Sonntag, 9. Januar 2011

Murphys Gesetz auf thailändisch - oder ein ganz normaler Beschäftigungstag

Hallo Freunde,
eigentlich hätte ich es wissen müssen, der Tag trug den Namen: Donnerstag und genauso fing er auch an...

Vor knapp 4 Wochen habe ich meine alte Office Version gegen eine aus dem Jahre 2010 ausgetauscht. Man wird dabei in Thailand vor eine schwierige Entscheidung gestellt. Es gibt hier überall in Einkaufscentern ganz normale Geschäfte, die Software verkaufen, deren Vertrieb in Deutschland zu 0% legal wäre. Daneben findet man dann Läden, deren Software man auch in Deutschland verkaufen dürfte.

Die schwierige Entscheidung ist nun, gebe ich ca. 5 EUR für eine DVD mit der neuesten Office Version + zig anderen Programmen aus der gleichen Sparte aus, oder zahle ich ca. 300 EUR um eine Version zu erwerben die auch die Aktionäre der Softwarehersteller erstrahlen lassen.

Wer mich ein wenig kennt, weiß, wie ich mich entschieden habe. Nun gibt es hier jedoch genauso wenig Software in deutscher Sprache, wie es Software in Deutschland auf thailändisch gibt. Also wurde die englischsprachige Version gewählt und genau das war der große Fehler.

Meine alte deutsche Version lief jahrelang ohne zu mucken oder zu meckern, sie zitterte Morgens schon förmlich auf der Festplatte, nur darauf wartend, dass ich sie endlich lade und sie mit der Arbeit beginnen darf. Also eine typisch deutsche Version.
Ganz anders die englische Version, die teilte mir am Morgen erstmal mit, dass sie jetzt schon fast einen Monat unter unhaltbaren Umständen schuften muss und dass sie nach weiteren 5 Tagen wohl in den Generalstreik gehen wird, wenn ich ihr nicht mit einer Aktivierung entgegen komme.
Toll, der Tag beginnt ja gut.. aber das Problem ist nicht ganz so dringend, vielleicht kann man es aussitzen.
Wichtiger ist es jetzt mit meiner täglichen Beschäftigung zu beginnen.

Was soll ich sagen, so ein Softwareprogramm kann eine ganz schöne Petze sein. Irgendwie ist es ihr gelungen Kontakt zu meinem Internetprovider zu bekommen und hat diesen überredet einen Fehler zu simulieren, der mir die Internetverbindung kappt.
Nun saß ich mal wieder ohne Internetverbindung da. Flugs wurde der Airstick eingestöpselt und eine Verbindung hergestellt. Aber auch hier hatte Office gepetzt und mein Provider für den mobilen Internetzugang sagte mir: Eh, Alter das letzte mal hast du vergessen zu zahlen, wir haben dir das nachträglich von der Prepaidkarte abgebucht inkl. Trinkgeld für eine kleine Party und nun ist da Ebbe. Also schmeiß erstmal ein paar Baht auf die Orgel, bevor das hier losgehen kann.
Gesagt getan und los ging es mit der atemberaubenden Geschwindigkeit des thailändischen mobilen Internets. Wer es nicht kennt: Bei einem Wettstreit mit einem Steinmetz, der den Bildschirminhalt in Stein meißeln muss, wäre der Steinmetz immer Sieger.

Nun konnte also mit der Beschäftigung im Schneckentempo begonnen werden. Zum Glück gab mein Drucker erst auf, nachdem er fast alles ausgedruckt hatte, was ich für meine tägliche Beschäftigung benötigte.

Dazu muss ich sagen, dass ich da ähnlich verfahre wie die deutschen Flughafenbetreiber oder die Deutsche Post. Die Flughafenbetreiber konnten natürlich nicht damit rechnen, dass es schneien könnte, bevor der Winter auf dem Kalender begonnen hatte. Dabei hätten sie nur mal die Kollegen im kleinen Österreich fragen müssen, die wussten das.
Genauso ist die Deutsche Post jedes Jahr wieder aufs neue erstaunt, dass die Menschen zu Weihnachten viel mehr Pakete versenden, wie zu anderen Zeiten und entschuldigt damit verspätete Auslieferungen.

So funktioniert es auch mit meinem Drucker. Da der Hersteller "Canon" eigentlich dafür bekannt ist, dass er Drucker baut, bei denen Druckköpfe und Tintenpatronen getrennt sind, war ich damals überrascht, dass das bei meinem in Vietnam gefertigten Billigmodell für knapp 40 EUR für ein Kombigerät mit integriertem Flachbettscanner nicht der Fall war. Gut, ich hätte vor dem Kauf nachgucken können, war ich damals aber zu blöd für, nachdenken hätte vielleicht auch schon gereicht...
Bei solchen Druckern kosten die Tintenpatronen ein vielfaches und da diese Patronen wegen des integrierten Druckkopfes patentiert sind, gibt es auch keine Patronen von Billiganbietern.
Durch ein System mit Tintentanks, die die Druckpatronen über Schläuche versorgen, ist auch dieses Manko fast behoben. Nur eben einmal im Jahr verabschieden sich die Druckköpfe, nach ca. 3000 - 4000 gedruckten Seiten. Dann müssen neue Patronen eingesetzt werden, die wieder mit den Tanks verbunden werden müssen. Also muss das Teil in die Reparatur. Gleichzeitig können die Tintentanks aufgefüllt werden. Som hat mir sowieso verboten die Tanks in unserem Apartment zu befüllen, nachdem wir nach der letzten Befüllung die Vorhänge in meinem Büro austauschen mussten, obwohl ich das neue Muster nicht sooo schlecht fand.

Da hatten wir also unser Überraschungsei, gleich drei  Überraschungen in einem, aber keine Schokolade dabei.
Inzwischen waren auch 6 Stunden seit der Kappung des DSL Anschlusses vergangen und es war klar, dass eine Störung vorlag.
Also rief Som bei TOT, dem Provider, an. Leider versteht Som nicht das Geringste von Computern, allerdings 98% der TOT Mitarbeiter auch kein englisch, so dass eine optimale Konfiguration vorlag.
Anstatt den Fehler der Technikabteilung weiter zu melden, hatten wir jedoch eine hilfsbereite Dame am Apparat, die das Problem gerne gelöst hätte.
Sie stellte also zig Fragen.. hat das Modem Strom? hat der Rechner Strom? sind irgendwelche Kabel locker? Also genau das, was man vor einem Anruf beim Kundendienst überpüft. Dadurch das Som nichts vom Thema versteht, sie mich also Fragen musste, aber die Fachausdrücke nicht auf englisch kennt (zum Glück, ich kenne sie ja auch nicht und hätte sie wahrscheinlich nicht verstanden), ist ein solches Telefonat immer sehr anregend. Man unterhält sich also über ein Thema, von dem man keine Ahnung hat in einer Sprache die man nicht versteht. Wer so etwas einmal live erleben möchte, muss sich nur eine Debatte des Bundestages anschauen. Gut irgendwann gab die junge Dame von TOT auf und kündigte den Anruf eines Technikers an.

Nun begab ich mich mit dem Drucker unterm Arm und Som im Schlepptau zum Taxistand um das Gerät zur Reparatur im nahegelegenen IT-Center zu bringen. Auf dem Weg rief dann der TOT Techniker an und begann mit der Analyse des Fehlers. Nach kurzem Gespräch meinte er den Fehler behoben zu haben, nur konnten wir ihm das aus dem Taxi heraus leider nicht wirklich bestätigen.
Der Druckertechniker meines Vertrauens war nicht da, so dass ich einen anderen Reparaturladen aufsuchen musste. Hier war man über unser Erscheinen sehr erfreut, sah man doch in dem "Farang" (westlicher Ausländer) ein leichtes Opfer für überhöhte Preise. In den Augen des chinesischen Geschäftsführers sah ich kurzzeitig die Zahl 30 aufflammen, er hatte sie auch gesehen. Die Tintenpatrone sei um 30% teurer, dafür enthält sie jedoch doppelt soviel Tinte als die jetzige (spielt allerdings kaum eine Geige, da ich ja Tanks habe). Aber ich hatte nun keine Lust noch 30m zum nächsten Reparaturladen zu laufen. Die Tinte wurde dann auch 30% teurer, wenn sie eingefüllt wird. Macht nichts, diese Mehrkosten sind nur ein Bruchteil dessen, was neue Vorhänge kosten.

Der Vorteil in Thailand ist, dass man eigentlich für nichts Termine braucht (Arzt, Zahnarzt, Autoreparatur, Schneider, Friseur etc), da Arbeitskräfte günstig sind, werden genügend Mitarbeiter vorgehalten, so dass auch die Reparatur sofort begann und man mich in ca. 60 Minuten anrufen würde, wenn der Drucker fertig ist.

Da wir noch nicht wirklich etwas gegessen hatten, gingen wir ins Schnell-Restaurant (Food Court) und stillten unseren Hunger, dann schlenderten wir ein wenig durchs Einkaufscenter und Som fand... Schuhe!!!
Bei meinen männlichen Lesern sehe ich jetzt die Warnlampen aufleuchten...
Die Vorliebe für Schuhe teilen wahrscheinlich alle Frauen auf der Welt... nur hier geht sie nicht so ins Geld.
Som entschied sich für Sandalen die 40 THB (ca. 1 Euro) kosteten (na, wer beneidet mich jetzt?)

Dann war der Drucker repariert und wieder mit Tinte gefüllt und mit ca. 30 EUR hoffe ich wieder 3000 - 4000 Seiten drucken zu können.
Zuhause stellte sich heraus, dass die Internetverbindung immer noch gestört war, am nächsten Morgen kam dann ein Techniker von TOT der einen Fehler in der Leitung feststellte, die ein Reparaturteam dann innrhalb von 40 Minuten behob.
Für Office konnte ich am gleichen Abend noch ein Tool finden, dass es überredete den Streik abzublasen.

Am Ende war also wieder alles gut und ein ganz normaler Tag vergangen.

Der Unterschied zu Deutschland ist, dass sich Probleme hier eigentlich schnell beheben lassen. Jedoch man muss vorher genau wissen, wie und wo, sonst sucht man sich dumm und dämlich und verliert als Europäer schnell die Geduld.
Ein weiterer Unterschied, ist, dass hier solche kleinen Unregelmäßigkeiten viel häufiger Auftreten wie in Deutschland, Unvorhergesehenes ist an der Tagesordnung und jede Planung wird sehr schnell zu Fall gebracht.
Es lohnt sich kaum feste Planungen über 24  Std. hinaus zu machen.

Man kann planen: Irgendwann gehe ich da hin. Irgendwann mache ich dieses.

Man kann nicht planen, heute mache ich das, morgen mache ich jenes und übermorgen was anderes. Spätestens Übermorgen steht man vor dem Scherbenhaufen seiner Planungen.

An diese Unterschiede kann man sich als Europäer sehr schlecht gewöhnen und man gerät dann schnell in Rage, spätestens dann tritt Murphy auf den Plan und sorgt für noch mehr Probleme.
Zwei der wichtigsten Dinge hier sind: Ruhig bleiben und Tee trinken. Und vergeßt alles was euch euer "gesunder Menschenverstand" sagt. Den gibt es nicht, so wie Deutsche denken, denken nur Deutsche und das sind wohl nicht einmal 1% der Menschen.
Wer es lernt diese Regeln zu respektieren, auch wenn es manchmal schwierig ist, wird auch hier gut klar kommen.
Thais sind mit diesen Regeln groß geworden und es ist ihr normales Leben. Deswegen stehen sie manchmal kopfschüttelnd da, wenn der Farang seine Planung für sein Leben verkündet...

Lasst euch nicht vernaschen

Rookie

2 Kommentare:

Frank hat gesagt…

Ein echt interessanter Erfahrungsbericht. Wie sagt man so schön: Andere Länder, andere Sitten. Aber es läuft.

By the way ... Interessante Konstruktion für die Tintenpatronen Tanks. ;)

Rookie hat gesagt…

Frank, diesen Konstruktionen gab es auch schon in Deutschland. Ich kann mich erinnern, dass Peter mal ähnliche Tanks unter der Decke hängen hatte und der Drucker dann aussah als würde er am Tropf hängen.
Die Tanks gibt es hier zu kaufen und mit dem Umbau dürfte man in Deutschland Geld verdienen können.